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Künstliche Intelligenz in der Kunstwelt – Immer noch ein Werkzeug oder bereits autonom?

29.04.2024 | Lena Sophie Steffen

Künstliche Intelligenz begegnet uns inzwischen in sämtlichen Lebensbereichen. In der Kunstwelt wird sich mit den Möglichkeiten aber auch Risiken und Gefahren befasst, die der Gebrauch von KI mit sich bringt.

Die Suche nach dem richtigen Umgang

Das Thema der Künstlichen Intelligenz beobachte ich seit einer Weile mit großem Interesse und auch in meinem Masterstudium der Kunstgeschichte ist es oftmals präsent. Während neue Richtlinien an Schulen und Universitäten den Gebrauch von KI-Werkzeugen wie beispielsweise ChatGPT eingrenzen bis hin verbieten, gibt es auch den Ansatz, die Arbeitsweise und Mechanismen von KI zu ergründen, zu hinterfragen und sich über dessen Nutzen aber auch Risiken gewahr zu werden.

Künstler*innen, die sich an den modernen Innovationen interessiert zeigen, setzen genau an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft mit ihrer Kunst an und verdeutlichen so, was ein Leben mit KI bedeutet.

Im Bereich der lernenden KI wird oftmals mit GANs (generative adversarial networks) gearbeitet, die in ihrer Funktionsweise den komplexen Systemen menschlicher neuronaler Netzwerke nachempfunden sind. Solche Netzwerke werden zur Mustererkennung von großen Datensätzen verwendet und benötigen dabei keine menschliche Hilfestellung, sondern registrieren selbstständig Fehler und lernen aus diesen. Gerade GANs werden auch vielseitig von Künstler*innen verwendet.

Beispiele von KI-gestützter Kunst

Künstlerische Arbeiten mit diesen KI-Netzwerken können sehr unterschiedlich ausfallen. Refik Anadol beispielsweise arbeitet mit großen immersiven Groß-Installationen, wobei die KI umfangreiche Datensätzen von Satelliten verarbeitet. Mit einem Team aus IT-Wissenschaftlern helfen GAN-Algorithmen, dynamische Datenströme zu erzeugen und so den Raum zwischen digitalen und physischen Entitäten zu erforschen. Als Datensätze können hierzu auch gemessene Hirnaktivitäten dienen. Diesem Ansatz folgt auch Pierre Huyghe, der in seinen Projekten Uumwelt (Serpentine Gallery, 2018 – 2019) und After Uumwelt (La Grande Halle, 2021 – 2022) versucht, den menschlichen Gedankenprozess visuell darzustellen.

KI gibt es auch in der Fotografie. Boris Eldagsen nutzt KI für eine Ästhetik des Hyper- oder Surrealismus und untersucht das menschliche Unterbewusstsein und kollektive Ängste. Er gewann 2023 den Sony World Photography Awards, lehnte den Preis allerdings ab, da er mittels eines KI-regenerierten Bildes die Auszeichnung erworben hatte und so auf die unzureichende Kennzeichnung nicht bloß menschengemachter Kunst aufmerksam machen wollte. Dieser Aspekt wird gesetzlich bisher unzulänglich behandelt und auch wenn einige Künstler*innen die schnelle und spontane Erzeugung von Kunst mittels KI befürworten, betonen sie ebenfalls die Mängel, die der Gebrauch mit sich bringt.

Trevor Paglen thematisiert in der Kategorie Machine Visions das Sehtraining für Computer durch die Kategorisierung von Objekten, um die Mustererkennung zu gewährleisten. Die nicht einsehbare und große Datengrundlage für die KI macht ihre Entscheidungen teils problematisch und auch Mimi Onuoha lenkt die Aufmerksamkeit auf Menschen, die von der Technik über- oder falsch gesehen werden. Scheinbare Vorurteile der KI sind somit auf unvollständige Datengrundsätze zurückzuführen und mit Vorsicht zu behandeln.

Währenddessen stellt sich im Bereich der Kunst-Philosophie durch die fortschreitende Weiterentwicklung der KI die Frage nach der Möglichkeit einer kreativen Maschine. Der KI-Roboter Ai-Da, der durch Aidan Meller und Engineered Arts 2019 entstand, wird als weltweit erste ultra-realistische Roboter- und Performance-Künstlerin bezeichnet und malt mittels Kameras in den Augen, einem mechanischen Arm und KI-Algorithmen eigene Bilder. Aber können Roboter nun auch als Künstler*innen bezeichnet werden? Sind ihre Werke tatsächlich Kunst als solche und die Maschinen selbst kreativ und was unterscheidet die menschliche Kreativität von ihrer?

Ein ungewisser Zukunftsausblick

Für die Zukunft kann man den weiteren Gebrauch von KI jedenfalls nicht leugnen. KI steckt in jeder Handykamera, sie dient als Assistenz und erleichtert uns den technischen Gebrauch um ein Vielfaches. Der Grad ihrer Selbstständigkeit wandelt sich allerdings weiterhin -, bis hin zu selbstfahrenden Autos -und wie weit dieses Ausmaß gehen wird, ist fragwürdig. Im Bereich der Kunst sind Fragen nach Urheberrecht und Autorenschaft gesetzlich unzureichend geregelt, aber vor allem dort werden die Grenzen der KI weiterhin auf die Probe gestellt um uns ihre Risiken und Nebenwirkungen offen zu legen und uns dafür zu sensibilisieren.

We shape our tools and thereafter our tools shape us.

John Culkin