Ich schaue mich um und realisiere, dass ich inmitten der Ausstellung sitze, umgeben von Kunst. Ohne Absperrungen, die den Betrachter von Gemälden und Objekten fernhalten, keine Vitrinen – nur der offene Raum; es ist mein Arbeitsplatz und der Ort des Geschehens zugleich. Über die Arbeit neben und mit der Kunst und ihren Einfluss auf den Raum und die Personen in ihm soll es im Folgenden gehen.
Ein Open-Space-Office, also ein großer, offener Raum, in dem sich die Arbeitsplätze aller Mitarbeiter befinden, ist keine neue Idee. Im Alltag sieht man sie dennoch selten. Schon gar nicht wie hier im Esszimmer – eine Art „Ausstellungs-Büro“. Das hört sich vielleicht erst mal komisch an, deshalb etwas mehr dazu…
Zum Zeitpunkt meines Praktikums läuft die Ausstellung „sprinkle never-in-a-rush essence“ von Bas de Weerd und Jolijn van den Heuvel. Die Werke der beiden, Malereien, Fotografien und Keramiken, hängen und stehen keine drei Meter entfernt von mir und beleben ihre Umgebung ungemein. Der Raum wird ergänzt – er wird zu mehr als einer Galerie, in der Kunst ausgestellt werden kann und zu weit mehr als nur einem Büro, in dem man, fern ab der Besucher_innen und Exponate, arbeitet.
Auch Kunst am Arbeitsplatz ist nichts Neues. Viele Firmen stellen in ihren Gebäuden, Korridoren und Büroräumen verschiedenste Formen der Kunst aus. Ob Fotografien, Gemälde oder Installationen, leere und kühle Räume werden mit Farben, Impulsen und Interaktion gefüllt. Und das nicht ohne Grund.
Sowohl die Kunst als auch der Mensch lebt von der Interaktion und nirgends scheint sie mir so direkt wie hier im Esszimmer. Der Artist run space ist ein Ort an dem die Kunst, Künstler_innen und Betrachter_innen sich auf Augenhöhe begegnen und zusammen den Diskurs gestalten. Das Esszimmer ermutigt Besucher_innen immer dazu, sich das Gesehene selbst zu erschließen, den Raum und die sich darin befindenden Exponate auf sich wirken zu lassen und in der Introspektive einen Zugang zu finden. Gleichzeitig bieten die Räumlichkeiten den perfekten Ort für Gespräche, einen aktiven Austausch untereinander und mit uns – denn wir sind immer vor Ort: immer neben der Kunst. Eben diese Unmittelbarkeit macht den besonderen Reiz dieses „Ausstellungs-Büros“ aus. Im Esszimmer werden Kunst und Raum neu gedacht und präsentiert. Offener, näher an den Menschen und geprägt von allen Beteiligten. Jeder und jede Anwesende beeinflusst das Geschehen und hinterlässt einen kleinen Teil seiner oder ihrer Persönlichkeit. Auch ich konnte in meiner Zeit hier viele, neue Erfahrungen sammeln, meine eigenen Ideen und individuellen Impulse in unser Team und die Galerie einbringen.
Ein Letztes möchte ich zum Schluss noch anmerken. Wenn die Atmosphäre des Raums und die Präsenz der Kunst mich nicht schon jeden Tag aufs Neue begeistert hätten, dann die Tatsache, dass ich mir jeden Morgen einen neuen Sitzplatz suchen konnte, wenn mir danach war. Ein kleiner Bonus des Open-Space-Office Konzepts der frischen Wind in den Alltag und das Arbeiten bringt und es mir ermöglicht meine Aufgaben und die Kunst aus ganz neuen Perspektiven zu sehen.